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Kaliabbau: Laugenversenkung

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Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Aktuelles

Zur Kreistagssitzung März 2010 fragte der Kreistagsabgeordnete (Die LINKE.Offene Liste), Michael Wahl zur Laugenversenkung im Landkreis Fulda.

In der Antwort wird deutlich:

  • 90% der Kaliabwässer wurden im Untergrund des Landkreises versteckt
  • Es gibt einen Aufstieg von Formationswasser mit Salzabwasseranteilen
  • Brunnen in den Auen bei Fulda weisen schon hohe Chloridkonzentrationen auf (Trinkwasserbrunnen Nr.3 der Stadt Fulda, Quelle an der Probstei Johannesberg, Eichenzell)

[Bearbeiten] Prinzip Laugenversenkung

Durch Trennung des Fördergutes in Steinsalz und Kali fallen laugenhaltige Abwässer an, von den Halden strömt das Niederschlagswasser.Bei Neuhof wird es in Gummirinnen gesammelt, die die Lauge in ein großes Sammelbecken leiten. Die in Neuhof entstehnden Salzlaugen kommen fast ausschließlich durch Niederschlagswasser der Halde, da zur Trennung ein trockenes elektrostatisches Trennverfahren angewendet wird.

Die Laugenversenkung ist seit Beginn der industriellen Kaliförderung am Anfang des letzten Jahrhunderts üblich. Es wurden sogenannte Schluckbrunnen eingerichtet, in die die Lauge geleitet wurde und später, bei abnehmender Aufnahmefähigkeit des Gesteins verpresst wurde.

Auch in der Kaliindustrie der DDR wurde das Prinzip übernommen. Als Grundwasserschäden auftraten wurde die Versenkung und Verpressung 1968 eingestellt. Eine angestrebte Leitung zur Abführung in die Nordsee, die über westdeutsches Territorium hätten verlegt werden müssen, konnte nicht umgesetzt werden. Sie scheiterte am Widerstand der Kali und Salz AG. (Quelle: Die Kaliindustrie an Werra und Fulda, Darmstadt 1998). Das Patent zur Trockentrennung (ESTA) liegt bei der K+S Ag und wurde nicht herausgegeben.

[Bearbeiten] Salzwasser im Untergrund des Landkreises Fulda

Der Bergbau verpreßt in Neuhof seit mindestens 30 Jahren salzige Abwasser in eine Tiefe von 400 bis 500 Metern. Die neue Salzlaugenversenkungsanlage befindet sich bei Magdlos an der Magdloser Straße über den Heiligenberg nach Struth [1]. Vom Kalibergbau in Heringen, wo ähnlich verfahren wird, dringen die salzigen Abwässer bereits wieder an die Oberfläche. Osthessen bald so berühmt wie die großen Salzseen in Utah?

Im Jahre 2004 stellt das Hessische Ministerium für Umwelt, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz fest:

"Versenkung von Salzabwasser der Kaliindustrie im tiefen Grundwasserleiter Plattendolomit bei Hönebach (Werra-Einzugsgebiet) und bei Neuhof b. Fulda." [2]


Osthessennews berichtet am 22.08.06, dass Kontroll/Beobachtungsbohrungen am Giesenhainer Forst /Eiterfeld und gegenüber des Fliedener Ortsteils Struth vorgenommen werden. Weitere Bohrungen fanden zwischen Neuhof und Rommers und an der Kreisstraße K 100 südlich von Ziegel statt. Laut Landrat Bernd Woide im Februar 2007 haben die Messungen ergeben, "dass weitere Versenkräume für Produktionsrückstände aus der Kalisalzgewinnung ohne Gefährdung des Trinkwasser nicht erschlossen werden könnten". [3] Im Gegensatz zu Woide konnte die Fuldaer Stadtbaurätin Cornelia Zuschke noch im Sommer 2007 nichts genaues über Messergebnisse sagen, wie sie in der Antwort auf eine Anfrage der Linken.Offenen Liste erklärt.

Pfingsten 2007 wurde der Fuldaer Versenkraum für nicht mehr aufnahmefähig erklärt. Mit der spektakulären Abfuhr der Neuhofer Lauge per LKW zur Einleitung an die Werra, wurde angenommen, die Versenkung sei gestoppt. Doch mitnichten. Aus Thüringen mussten wir die Wahrheit über Neuhof erfahren:

Freies Wort 27.2.08:

Ministerium: Keine Kenntnis von Versenk-Stopp in Neuhof

Eine Sprecherin des Thüringer Umweltministeriums teilte gestern indessen mit, dass die Landesregierung in Erfurt keinerlei Kenntnis von einem Stopp der Laugenversenkung im hessischen Neuhof habe. Sie beruft sich dabei auf eine Auskunft der zuständigen Behörde, des Regierungspräsidiums in Kassel. Danach werden derzeit etwa 50 Prozent der Abwässer in Neuhof versenkt, der Rest werde per Laster und Bahn nach Hattorf in Hessen transportiert und in die Werra geleitet[4] (27.2.08)

Monate später reagierte das Hessische Regierungspräsidium in Kassel:

Versenkstopp ab 11.4.2008 Das Hessische Regierungspräsidium in Kassel verhängte endlich einen kompleten Stop der Laugenversenkung ab 11. April [5]

[Bearbeiten] Salzquellenfelder

Inzwischen sind mehr Kubikmeter Lauge im heimischen Gestein verpresst worden sein als der Bodensee an Wasser besitzt. [6]

Beim Bad Hersfelder Stadtteil Sorga, entstand ein ausgedehntes Salzquellenfeld. An dem hohen Kalium gehalt des Quellwassers ist die Versenkungslauge eindeutig nachgewiesen.

Im Zuge der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRLL) wurde dieses Quellenfeld vom Regierungspräsidium Kassel nicht nach Brüssel gemeldet. Begründung: Die Salzaustritte seien punktueller Art und damit nicht meldepflichtig.

Der Chloridgehalt der Quelle hat stark zugenommen

(in mg Cl pro Liter) (Zum Vergleich: Chloridgehalt des Nordseewassers 19 000 mg Cl pro Liter!)

1950 ca. 500 mg

1960 ca. 1000 mg

1970 ca. 10 000 mg

1981 ca. 20 000 mg

1997 ca. 30 000 mg

2004 ca. 32 000 mg

weiteres siehe [7]

Auch bei Gerstungen/Dippach ist in den letzten zehn Jahren eine Salzwiese von mehren tausend Quadratmetern entstanden. Dort findet sich eine „Vegetation wie an der Nordsee“. Um das 50 fache sei der Salzgehalt des stillgelegten Trinkwasserbrunnens angestiegen.

In NRW hat man den Verdacht, dass es in Hessen "Salzquellen" geben müsse, Salzlaugeabwässer, die in den Untergrund gepresst und dann abgedichtet worden sind. "Offensichtlich gibt es da Lecks." Anders ließe sich das zeitweise Ansteigen der Salzfracht nicht erklären. [8]


Die Flussgemeinschaft Weser hat Grundwasserkörper untersucht und konstatiert: [9] "Bei den restlichen zehn Grundwasserkörpern beruht die unwahrscheinliche Erreichung der Umweltziele auf Belastungen durch Punktquellen und der Salzabwasserversenkung im Zusammenhang mit der Kaliindustrie im Bereich von Werra und Fulda." Eine Karte ist anbei, bei der im Bereich Fulda die Erreichung der Ziele gemäß europäischer Wasserrahmenrichtlinie bzgl. Grundwasser als unwahrscheinlich eingestuft wird.

Das Hessische Ministerium für Umwelt, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz stellt fest:

"Versenkung von Salzabwasser der Kaliindustrie im tiefen Grundwasserleiter Plattendolomit bei Hönebach (Werra-Einzugsgebiet) und bei Neuhof b. Fulda." [10]

Im Landschaftsrahmenplan Nordhessen 2000 heißt es zu den Verpressungen im Werra-Kali-Gebiet:[[11]]

Hinsichtlich der Auswirkungen der Kalisalzgewinnung auf Grund- und Oberflächenwasser im sog. „Werra-Kali-Gebiet" wurde 1994 in einem Sonderbericht „Diffuse Einträge von Salzwasser in die Werra" die räumliche Situation dargestellt. Dort sind auch die Auswirkungen der Versenktätigkeit im Plattendolomit und auf das oberflächennahe Grundwasser beschrieben.

„Im Plattendolomit der Werratalaue wird durch die Versenktätigkeit eine Druckerhöhung um 2-3 bar hervorgerufen. Bei guten vertikalen Durchlässigkeiten (Störungen, Basaltgänge etc.) kommt es zum Aufstieg von versalzenen, tiefen Grundwässern in die Schichten des Buntsandsteins (Austreten von salzhaltigen Quellen entlang des linken Werraufers und in die Werra selbst) und in den quartären Porengrundwasserleiter. Die Grundwasserstände im Quartär (teilweise artesisch), wie auch die Höhe der Versalzung, stehen mit der Entwicklung der Versenkung im Einklang." (THÜRINGER MINISTERIUM FÜR LANDWIRTSCHAFT, NATURSCHUTZ UND UMWELT 1994, S. 13).

Die Versenktätigkeit führt zu Folgewirkungen, die bei der gesamten Flächenplanung in diesem Raum Berücksichtigung finden müssten, denn: „In der Talaue der Werra lagen ursprünglich in weiter Verbreitung wenig durchlässige Auenlehme über den quartären (pleistozänen ) Kiesen. Diese führten zu gespannten, teilweise zu artesischen Druckverhältnissen in den Kiesen. Jede Verletzung dieser Deckschichten, z.B. durch Baumaßnahmen, durch Entwässerungsmaßnahmen der Landwirtschaft und insbesondere durch die Kiesgruben ist ein negativ zu beurteilender Eingriff, da er zu einer Erhöhung des Abflusses salzhaltigen Wassers führen kann." (THÜRINGER MINISTERIUM FÜR LANDWIRTSCHAFT, NATURSCHUTZ UND UMWELT 1994, S. 11)

[Bearbeiten] Gutachten

Das Landesamt für Gewässerkunde und Hauptnivellements schreibt mitten im 2. Weltkrieg am 7.7.1943 über Versenkmaßnahmen bei Claustal-Zellerfeld:

... Es ist also grundsätzlich stets damit zu rechnen, daß das Abwasser wieder zutage treten kann, sobald die versenkte Menge eine bestimmte Größe überschreitet. ... Im allgemeinen ist also eine Versenkung unreiner Abwässer ein Übel, das sowit irgend möglich vermieden werden muß. Eine Ausnahme von dieser Regel ist nur im Kriege denkbar, wenn nur die Wahl zwischen mehreren Übeln bleibt und die Abwasserversenkung als das kleinere Übel anzusehen ist. ... Von der letztgenannten (Abwasserversenkung, die Verfasser) kann unter diesen Umständen nicht unbedingt abgeraten werden; sie ist aber als Notlösung anzusehen, auf ein möglichst geringes Maß zu beschränken und bei Kriegsende alsbald einzustellen, gegebenfalls auch schon früher, wenn die Bedenken, die dagegen bestehen, durch weitere Beobachtungen verstärkt werden... [12]


2008 gibt es ein Gutachten zur Laugenversenkung (download [13]) es ist bezogen auf die geologischen Verhältnisse der Gerstunger Mulde aber auch für die Fuldaer Problematik interessant:

während die Laugenversenkung des K+S-Werkes Neuhof-Ellers bei Fulda kürzlich wegen Erschöpfung des dortigen Versenkraumes vorzeitig beendet werden musste. Die Erschöpfung oder Überbeanspruchung der Versenkräume manifestiert sich besonders durch Versalzungen in höheren Grundwasser-Stockwerken des Buntsandsteins und des Quartärs, sowie durch diffuse Salzwasseraustritte an oder nahe der Erdoberfläche.

[Bearbeiten] Laugenversenkung des Werk Werra

[Bearbeiten] Umweltstraftaten Heringen

Wie bekannt wurde, sind der Staatsanwaltschaft Fulda Umweltstraftaten im Zusammenhang mit Laugenversenkung zur Kenntnis gegeben und angezeigt worden.


In einem alten Luftschutzbunker bei Heringen sammelte sich aufgestiegenes Wasser, auch in den darunter liegenden Straßengraben fand sich Flüssigkeiten. Aktuelle Untersuchungen aus dem Juni 2009 bestätigen, dass es sich dabei um Brom haltiges Kaliabwasser handelt, dass aus Versenkung in den Untergrund stammen muss.

Es steht zu befürchten, dass das Trinkwasser in der Kaliregion durch die Versenkungen in den Plattendolomit bereits stark gefährdet sind.


Auch bei der Kaliförderung in Neuhof wurden 30 Jahre Laugenabwässer in den Boden versenkt.

Mobile Versenkstation bei Magdlos

Trotz zeitweiliger Untersagung der Versenkung durch das Regierungspräsidium zuletzt im April 2008 wurde weiterhin z.B. bei Magdlos Lauge verpreßt. Der Vorgang wird dann eben nicht Versenkung oder Verpressung genannt sondern es ist einfach eine "Bergbeprobung".


Aktuelles

[Bearbeiten] Die Stadt Gerstungen Klagt vor Gericht gegen K+S

Die LINKE.Offene Liste Fulda stellte eine Anfrage wegen Chloridbelastung im Kreistag

Die thüringische Gemeinde Gerstungen klagt gegen das Land Hessen und verlangt den Widerruf einer Genehmigung, mit der es dem Unternehmen K+S gestattet ist, Produktionsabwässer in den Untergrund zu verpressen. Außerdem hat die Gemeinde Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Gewässerverunreinigung gestellt.

Die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Gerstungen ist durch die Verpressung von Produktionsabwässern des Kaliproduzenten in Gefahr. In Thüringen musste die Laugenversenkung durch K+S schon im Jahre 2007 eingestellt werden, nachdem mehrere Trinkwasserbrunnen wegen fortschreitender Versalzung ausgefallen sind. Inzwischen hat die Gemeinde nachweisen können, dass auch die Laugenversenkung im Gebiet um Kleinensee Auswirkungen auf ihre Trinkwasservorkommen hat.

Den Behörden ist dies seit Oktober 2009 bekannt, damals hatte die Gemeinde Gerstungen schon den Widerruf der Versenkgenehmigung beantragt. Trotzdem hat das hessische Umweltministerium keinerlei Schritte unternommen, um die Menge der versenkten Abwässer auch nur zu reduzieren. Es gibt zwar die Ankündigung, die Versenkgenehmigungen für Produktionsabwässer der K+S Kali GmbH einschränken zu wollen. Was wie eine gute Nachricht für die Werra und die Trinkwassergewinnung im Werrarevier klang, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Anpassung der Genehmigung an die tatsächlich versenkte Salzwassermenge. Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz hatte dem Ministerium deshalb Zahlenspielerei vorgeworfen.

Die Strafanzeige wegen Gewässerverunreinigung könnte sich sowohl gegen den Verursacher der Trinkwasserversalzung als auch gegen die Genehmigungsbehörde wenden, wenn sie durch ihre Untätigkeit die Beeinflussung des Grundwassers und die Trinkwassergefährdung hingenommen hat.

Der Staatsanwaltschaft in Kassel liegt schon seit Anfang 2008 eine Strafanzeige der Stadt Witzenhausen gegen das Unternehmen K+S wegen Gewässerverunreinigung vor. Sie „ruht“ seit zwei Jahren auf Anweisung des Generalstaatsanwalts in Wiesbaden.

„Noch im Mittelalter galt Brunnenvergiftung als schlimmes Verbrechen, heutzutage scheinen den Behörden die begrenzten Trinkwasservorkommen nicht mehr wichtig zu sein,“ so Dr. Walter Hölzel, Vorsitzender der Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.



[Bearbeiten] Weitere Artikel zum Kaliriesen:

  • Kaliabbau: Laugenversenkung
  • Aufmucken - Der Widerstand (Bürgerinitiativen an der Werra, Kommunen Niedersachsen, Landeswahlprogramme LINKE Niedersachsen und Hessen, Hessische Verfassung) (folgt)
Persönliche Werkzeuge